Bundestagswahl ’25: Unterschiedliche Meinungen im Freidenkerverband
Es wurde Kritik laut an einem unserer Beiträge zu den bevorstehenden Bundestagswahlen. Unter dem Titel „Eine Option zu den Bundestagswahlen: AfD ist Wahlalternative!“ hatte unser Autor ‚tibursein‘ nach einer negativen Beschreibung des Auftretens des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) entwickelt, daß eine ernstzunehmende Friedensbewegung aus seiner Sicht vor allem im Zusammenhang mit der AfD zu verzeichnen sei und anläßlich der Bundestagswahlen, so seine Schlußfolgerung, „ist daher für Friedensfreunde eine Wahlentscheidung zugunsten der AfD aus meiner Sicht eine gute Entscheidung“.
Dazu hat Klaus Hartmann, der stv. Vorsitzende des Deutschen Freidenker-Verbandes, eine längere Stellungnahme (siehe in Gänze hier) verfaßt, die wir hier auf seinen Wunsch gerne wiedergeben. Freilich nicht unwidersprochen – siehe weiter unten . Klaus Hartmann leitet seine Stellungnahme wie folgt ein:
„Wählen? Aber wen?“
„Wahlaufrufe oder -empfehlungen wird es vom Deutschen Freidenker-Verband nicht geben, auch nicht zu den bevorstehenden Bundestagswahlen. Grund dafür ist nicht, dass es „egal“ ist, für wen gestimmt wird oder dass überhaupt nichts Wählbares kandidiert oder einer Nichtbeteiligung an der Wahl das Wort geredet werden soll – der Grund dafür steht in der Satzung: Der Verband ist parteipolitisch unabhängig.
Deshalb ist ein Beitrag auf der Seite des niedersächsischen Landesverbandes, der die „AfD als Wahlalternative!“ empfiehlt, nicht nur kritisch zu sehen, sondern man muss auch feststellen: Das hat in einer Publikation der Freidenker nichts zu suchen – allerdings das gilt auch, wenn eine andere Partei empfohlen worden wäre. Zudem irritiert dieser Beitrag vom Inhalt her, weil er die „Schattenseiten“ der AfD gänzlich ausblendet, und insbesondere die Frage offenlässt, was er angesichts des einleitend erwähnten „israelischen Genozids gegen die Palästinenser“ von der „israelsolidarischen“ AfD erwartet.
Die satzungsgemäße parteipolitische Unabhängigkeit der Freidenker bedeutet keine „Enthaltsamkeit“ in allen parteipolitischen Fragen oder in Wahlkampfzeiten. Dies sind nun mal Zeiten gesteigerter politischer Aufmerksamkeit, und die sollte man natürlich nutzen, um unsere Argumente an den Mann und die Frau zu bringen. Argumente, die sich ausschließlich von freidenkerischen Inhalten und Positionen leiten lassen. Die können und müssen auch der alleinige Maßstab sein, und Aussagen von Parteien und Politikern zu bewerten, da sollten wir überhaupt keine Zurückhaltung üben. Konzentrieren wir uns hier auf die wichtigste, die Überlebensfrage: Was ist zum Thema Krieg oder Frieden zu erwarten?(…)“
Diese Stellungnahme ist dann auf der zentralen website des Freidenker-Verbandes nur noch auszugsweise wiedergegeben. Warum? Keine Begründung. Das müssen interessierte Leser den Autoren fragen.
Dazu meine Entgegenung :
Lieber Klaus Hartmann,
den genannten Beitrag unseres Autors ‚tibursein‘ habe ich als Verantwortlicher für die website des Landesverbandes Niedersachsen gerne akzeptiert. Der zeigt dort nämlich, auf die eben genannten „Überlebensfrage“ orientiert, daß nicht zuletzt das liberale milieulinke Gehüpfe des BSW mit seinem endlichen Eintritt in das Koalitionsensemble der NATO-Kriegsparteien in Thüringen und Brandenburg alles andere als hilfreich für eine wirksame Friedensbewegung ist. Und er zeigte ferner, daß das in einem Interview mit Tino Chrupalla in der Zeitung ‚Die Welt‘ ausgerollte Konzept von Friedenspolitik eine sehr ansprechende Werbung für die AfD ist.
‚tibursein‘ lag und liegt damit voll im Trend unserer website. Jeder Interessierte kann an vielen anderen Beiträge seit einem knappen Jahr dort eine ähnlich begründete und scharfe Kritik am BSW wiederfinden. Die Anzahl der Downloads unserer Beiträge ist beträchtlich und für uns erfreulich. Für alle Interessenten sei die Suche unter Verwendung des Pattern ‚Sahra Wagenknecht‘ auf unserer website empfohlen.
Es ist deine Erkenntnis richtig, lieber Klaus, daß sich auch der Freidenkerverband mit seiner Verpflichtung zu parteipolitischer Unabhängigkeit nicht aus dem Geschehen zum Bundestagswahlkampf heraushalten kann. Bisher war auf der zentralen website jedoch nur ein bräsiges und eher uninteressantes Hinhalten zu vernehmen. Wie aber soll ich die engagierten Meinungen der Freidenker überhaupt zum Ausdruck bringen, ohne die Bewertung der Parteien und eine Berichterstattung darüber zuzulassen. Mit einigem Recht, ich Rede nicht von sachlich korrekt, bringst ja auch du in deiner Stellunnahme eine Wahlempfehlung für das BSW heraus.
Unser ‚tibursein‘ brachte zum Ausdruck, was hier substanziell gedacht wird und die AfD ist nun mal ein Teil dessen und in der erhofften Wirkung ihres Engagements auch Hoffnungsträgerin. Ein anderer betreibt Wahlempfehlung, indem er die eine Partei deutlich häufiger als andere erwähnt. Das ist aus meiner Sicht auch nicht schlimm nur wirkt ein Tuscheln hinter vorgehaltener Hand ziemlich lächerlich.
Als Vorsitzender des LV-Niedersachsen kann ich ohne schlechtes Gewissen jedem sagen, wie meine Wahlentscheidung aussehen wird. Im Unterschied zu unserem Autor ‚tibursein‘ werde ich dies allerdings etwas zurückhaltender äußern, aber doch nie hinter vorgehaltener Hand!
Vgl. dazu übrigens unsere Betrachtungen zu den Wahlprogrammen des BSW und der AfD.
Seit dem Frühjahr letzten Jahres nach Gründung hat das BSW mächtig viel an Enttäuschung bewirkt und hat die AfD ebenso mächtig viel an positiven Erwartungen aufgebaut. Auch wenn deine Wahlempfehlung zugunsten des BSW dessen Schattenseiten schamhaft auszublenden versucht.
So ist die AfD heute, ob einem das paßt oder nicht, diejenige politische Kraft, welche die Friedensfrage mit der sozialen Frage noch am deutlichsten in einen ursächlichen Zusammenhang bringt, so daß gerade für die sozial Schwächeren erkennbar wird: Weitere Milliarden für den NATO-Krieg in der Ukraine macht uns arm und kann sogar unseren Untergang bedeuten. Ein Erfolg der AfD bei den Bundestagswahlen kann das herrschende Altparteienkartell vor allem in Sachen ‚Kriegstüchtgkeit‘ schwächen. Ich kann davon ausgehen, daß dies die Hoffnung einiger Freidenker hier in Niedersachesen ist. “
Frank Braun, Hannover