Landesverband Niedersachsen

Aktuelles

Freidenker-Verbandstag in Nürnberg

Am 2. und 3. Juni 2012 fand in Nürnberg der Freidenker-Verbandstag statt, zu welchen 3 Mitglieder des DFV-Niedersachsen gereist waren. Weitere Informationen können dem folgendem Text entnommen werden, welcher von der Seite des Deutschen Freidenker-Verbandes übernommen wurde:

Für eine Kultur des realen Humanismus und der Vernunft

Am 2. und 3. Juni 2012 kamen die Delegierten der Landesverbände des Deutschen Freidenker-Verbandes (DFV) zu ihrem Verbandstag in Nürnberg zusammen, dem höchsten Gremium der sich als Weltanschauungsgemeinschaft, Interessenvertretung konfessionsfreier Menschen und Kulturorganisation verstehenden Organisation. Der Kongress betonte die Notwendigkeit, der herrschenden Politik zur Zerstörung von Humanität und Vernunft mit weltanschaulicher Aufklärung entgegenzutreten. Die Freidenker folgen dabei der von Karl Marx formulierten Aufgabe einer »Philosophie im Dienste der Geschichte«, »nachdem die Heiligengestalt der menschlichen Selbstentfremdung entlarvt ist, die Selbstentfremdung in ihren unheiligen Gestalten zu entlarven«.


Freidenker-Verbandstag 2012 in der Villa Leon, Nürnberg

Die Krise des Kapitalismus verursache nicht nur ökonomische und soziale Verwüstungen, sondern bewirke weltanschaulich wachsenden Irrationalismus und kulturell eine breite Entzivilisierung, so der DFV. Dazu zähle, Beschäftigte und Erwerbslose mit nationalistischen Parolen in Deutschland und Griechenland, Frankreich und Portugal oder in anderen Ländern gegeneinander aufzuhetzen. Dafür stehe weiter die Tendenz, soziale Gruppen nach Maßstäben kapitalistischer Nützlichkeit, Verwertbarkeit und Effizienz zu sortieren bzw. »Nutzlose« und »Ineffiziente« auszusortieren. »Eine Gesellschaft mit solchen Chefideologen braucht keine Nazis mehr«, stellte der Verbandsvorsitzende Klaus Hartmann in seinem Bericht fest.

Freidenker verzichten nicht auf Kirchen- und Religionskritik, betreiben sie aber nicht als Selbstzweck wie die »kleinbürgerlichen Atheisten, die sich als ‚unpolitisch‘ missverstehen«, sondern um die Hilfsdienste kirchlicher Institutionen für den Imperialismus zu erhellen. Man komme zwar nicht umhin, über »Grotesken wie den Tanz um den ‚Heiligen Rock‘ in Trier« den Kopf zu schütteln, aber bedeutender seien die »kriminellen Machenschaften der Vatikanbank im Geflecht von Faschismus, NATO-Untergrundarmee Gladio und der Mafia«. Der Verbandstag wies darauf hin, dass die Pius XI.-Enzyklika von 1937 »Über den gottlosen Kommunismus« ihren 75. Geburtstag feiert, und die Beschäftigung mit ihr in Zeiten der fortgesetzten Delegitimierung der DDR und Verteufelung aller sozialistischen Ideen von größter Aktualität ist.

In der mehrstündigen, streitbaren Diskussion mit 35 Beiträgen spielten Fragen der Mobilisierung gegen die imperialistischen Kriege sowie die Meinungsverschiedenheiten in Teilen der Friedensbewegung darüber eine wichtige Rolle. »Regime«, »Diktator«, »Machthaber« seien Codewörter zur Dämonisierung der Opfer des nächsten völkerrechtswidrigen Angriffskrieges. Über die Systeme angegriffener Länder könne in Seminaren diskutiert werden, aber in der Stunde, in der die Bomben fallen, sei die unbedingte Solidarität mit dem Angegriffenen angesagt. Die Freidenker verlangen nicht die Übernahme ihrer Sicht durch andere, aber sie wehren sich gegen Ausgrenzungsversuche. Sie betrachten es als diffamierende Unterstellung, sie würden der Losung »der Feind meines Feindes ist mein Freund« huldigen. »Das ist eine demogische Killerphrase«,, so Klaus Hartmann. »Wer sie zuerst ruft, hat gewonnen. Damit kann jedwede internationale Solidarität, von Vietnam bis Cuba, von Jugoslawien bis Venezuela, und aktuell mit Libyen, Syrien und dem Iran diffamiert werden.«

Der Verbandstag beschloss ein Hauptdokument mit dem Titel »Die Richtigstellung der Begriffe«, das die Frage aufwirft, »wie lange die Herrschenden noch in der Lage sind, die Menschen dazu zu bringen, ihrer eigenen Disziplinierung, Ausbeutung und Unterdrückung freiwillig zuzustimmen«. Begriffe wie Internationalismus, Menschenrechte, Völkerrecht, Demokratie, Zivilgesellschaft und sozialistisches Erbe beinhalten hohe zivilisatorische Standards und reflektieren Errungenschaften und Ziele der Menschheitsentwicklung. Im Kampf gegen die Verfälschung solcher politischen Grundbegriffe und für die Wiederherstellung ihrer Bedeutung werde der Kampf um die geistige Vorherrschaft in der Gesellschaft ausgetragen, »hier findet der eigentliche Kampf der Kulturen statt, der Kampf zwischen der Kultur der Herrschenden und der Kultur der Beherrschten«.

Die Delegierten billigten mit einstimmigem Beschluss zur Entlastung des Vorstands dessen Arbeit und inhaltliche Positionen. Der Bundesvorsitzende Klaus Hartmann wurde einstimmig wiedergewählt, ebenso sein Stellvertreter Eberhard Schinck. Dem siebenköpfigen Geschäftsführenden Verbandsvorstand gehören weiterhin Angelika Scheer (Schriftführung), Karin Mittelstädt (Kassierung), Monique Broquard (Redaktion) und Ralf Lux (Interessenvertretung Konfessionsfreier) an sowie neu Daniel Bratanovic, zuständig für die Bildungsarbeit.